Heute möchte ich dir einige Symptome vorstellen, die fast jeder Hundehalter kennt, die aber oft rätselhaft bleiben: Schmatzen, saures Aufstoßen, das Fressen von Gras und allgemeines Unwohlsein, das auf Sodbrennen hindeuten kann. Diese Signale sind aber häufig nur die Spitze des Eisbergs und weisen auf ein Ungleichgewicht im Verdauungstrakt, speziell im Magen, hin. Ich möchte dir in diesem Blogbeitrag helfen, zu verstehen, warum diese Symptome auftreten und dir Lösungen an die Hand geben. Was kannst du konkret tun , um deinem Liebling zu helfen.
Ein besonderes Augenmerk legen wir dabei auf die entscheidende Differenzierung zwischen zu viel und zu wenig Magensäure.
Die Symptome und ihre Bedeutung: Was der Hund uns sagen will
Bevor wir zu den Lösungen kommen, gucken wir uns die Sprache des Hundekörpers einmal genauer an. Denn nur, wenn wir verstehen, was er uns für Zeichen gibt, können wir diese korrekt einordnen und ihm helfen.
Schmatzen & Schlecken:
Dies sind oft frühe Warnzeichen für Übelkeit. Der Hund versucht, den überschüssigen Speichel, der durch die Reizung von Magen oder Speiseröhre produziert wird, wegzuschlucken. Besonders auffällig ist es, wenn dies auf nüchternen Magen oder nachts geschieht.
Saures Aufstoßen & Sodbrennen:
Hier steigt Mageninhalt (Säure, Galle, teilverdaute Nahrung) in die Speiseröhre auf. Da die Speiseröhre keine schützende Schleimhaut wie der Magen hat, führt dies zu einem brennenden Schmerz – dem Sodbrennen. Das Aufstoßen ist oft wässrig, gelblich (Galle) und riecht säuerlich.
Grasfressen:
Dies ist ein vielschichtiges Verhalten und nicht immer krankhaft.
Hunde fressen Gras, um:
- Den Magen zu reinigen: Gras reizt die Magenschleimhaut und kann Erbrechen auslösen, was bei Übelkeit Erleichterung verschafft. Hunde fressen auch Gras, um Futterbestandteile, die schwer im Magen liegen, wieder loszuwerden (zum Beispiel Knochen oder bindegewebige Snacks).
- Die Verdauung anzuregen (Ballaststoffe).
- Einen Nährstoffmangel auszugleichen (eher selten).
Gelegentliches Grasfressen ist normal. Häufiges, hektisches Grasfressen mit anschließendem Erbrechen ist jedoch ein deutlicher Hinweis auf ein Magenproblem. Dieses kann akut sein (etwas falsches gefressen) oder auf ein tieferliegendes Problem hindeuten.
Die Ursachen im Magen: Ein sensibles Ökosystem
Der Hauptakteur in dieser Geschichte ist die Magensäure (Salzsäure). Sie ist essentiell für:
- Die Zersetzung von Nahrung
- Die Abtötung von pathogenen Keimen
- Die Aktivierung von Verdauungsenzymen
- Die Vorbereitung der Nährstoffaufnahme im Dünndarm
Störungen in diesem System sind die Hauptursache für die beschriebenen Symptome.
Der Teufelskreis von ZU VIEL Magensäure (Hyperazidität)
Wie entsteht es?
- Fütterung: Große, fettreiche Mahlzeiten, proteinüberschüssiges Futter.
- Stress: Angst, Unruhe – Stresshormone können die Säureproduktion ankurbeln.
- Medikamente: Bestimmte Schmerzmittel (NSAIDs) können die Magenschleimhaut reizen.
- Übermäßige Säurestimulanzien (z.B. häufige Leckerlifütterung zwischendurch, Fütterung flüssiger Nahrung wie Suppen).
Was passiert?
Der Magen produziert mehr Säure, als für die Verdauung benötigt wird. Überschüssige Säure sammelt sich im nüchternen Magen, reizt die Magenschleimhaut und steigt leicht in die Speiseröhre auf → Sodbrennen und saures Aufstoßen.
Das unterschätzte Problem von ZU WENIG Magensäure (Hypoazidität)
Wie entsteht es?
- Chronischer Stress: Langanhaltender Stress kann die Magensäureproduktion erschöpfen.
- Falsche Fütterung: Dauerhaft leicht verdauliches, weiches Futter (z.B. nur Nassfutter), das kaum Verdauungsarbeit erfordert.
- Alter: Die natürliche Magenfunktion kann im Alter nachlassen.
- Mangelernährung (Zink, B-Vitamine).
Was passiert?
Die Nahrung wird nicht ausreichend vorverdaut. Sie liegt zu lange im Magen und beginnt zu gären. Dabei entstehen Gase, die Druck und Unwohlsein verursachen. Auch bei zu wenig Säure kann es zu Reflux kommen, da der Mageninhalt nicht zügig in den Darm weitergeleitet wird.
Paradoxerweise können die Symptome denen von zu viel Säure sehr ähneln!
Die entscheidende Differenzierung: Zu viel vs. zu wenig Säure
Genau hier liegt der entscheidende Punkt einer erfolgreichen Behandlung. Eine falsche Einschätzung kann das Problem verschlimmern.
Merkmal Zu VIEL Magensäure (Hyperazidität)
Symptome – Symptome treten oft nach dem Fressen auf. – Saures Aufstoßen kurz nach der Mahlzeit. – Deutliches Unwohlsein nach fettigem/proteinreichem Futter. – Der Hund wirkt „übersäuert“.
Der „Bicarbonat-Test“ Durchführung: Gib eine Messerspitze Natron in etwas Wasser oder Joghurt. Füttere dies nüchtern oder bei ersten Anzeichen von Unwohlsein. Beobachtung: Wenn der Hund innerhalb weniger Minuten deutlich aufstößt oder rülpst, war zu viel Säure vorhanden, die mit dem Natron reagiert hat. Das bestätigt eine Hyperazidität.
Zu WENIG Magensäure (Hypoazidität)
Symptome treten oft vor der nächsten Mahlzeit (nüchtern) auf. – Aufstoßen von unverdauter Nahrung/ Gasen Stunden nach dem Fressen. – Blähungen, Völlegefühl. – Schlechter Körpergeruch, mattes Fell.
Durchführung: Der gleiche Test. Beobachtung: Wenn keine oder nur eine sehr schwache Reaktion (kaum Aufstoßen) erfolgt, deutet dies auf einen Mangel an Säure hin, mit der das Natron hätte reagieren können.
| Merkmal | Symptome | Bicarbonat-Test Durchführung | Beobachtung |
| Zu VIEL Magensäure (Hyperazidität) | – Symptome oft nach dem Fressen- Saures Aufstoßen- Unwohlsein nach fettigem/proteinreichem Futter- Hund wirkt „übersäuert“ | Messerspitze Natron in Wasser/Joghurt nüchtern oder bei Unwohlsein füttern | Deutliches Aufstoßen/rülpsen nach wenigen Minuten = zu viel Säure |
| Zu WENIG Magensäure (Hypoazidität) | – Symptome vor Mahlzeit (nüchtern)- Aufstoßen von unverdautem Futter/Gas- Blähungen, Völlegefühl- Schlechter Körpergeruch, mattes Fell | Gleicher Test wie oben | Keine oder schwache Reaktion = zu wenig Säure |
Wichtiger Hinweis: Der Natron-Test ist ein Hausmittel zur groben Einschätzung und ersetzt nicht den Tierarzt!
Lösungsorientierte Maßnahmen: Was kannst du tun?
Grundlegende Maßnahmen (für beide Probleme):
- Häufigere, kleinere Mahlzeiten: Entlastet den Magen, verhindert, dass er lange leer ist oder sich zu voll anfühlt.
- Ruhige Futteraufnahme & Verdauung: Stress und Hektik um die Fütterung vermeiden.
- Abendfütterung nicht zu spät: Ein kleiner, leicht verdaulicher Snack vor der Nacht kann aber helfen, die Säure über Nacht zu binden.
- Futterumstellung: Hochwertiges, artgerechtes Futter mit einem angemessenen Protein- und Fettgehalt.
Maßnahmen bei ZU VIEL Magensäure:
- Futter anpassen: Fettgehalt leicht reduzieren. Sehr proteinreiches Futter ggf. wechseln.
- Säurepuffer vor den Mahlzeiten geben:
- Heilerde: Bindet überschüssige Säure und Giftstoffe.
- Flohsamenschalen (mit viel Wasser!): Bilden einen schützenden Schleim.
- Ungesüßter Kamillen- oder Fencheltee (abgekühlt) ins Futter oder als Getränk.
- Leicht verdauliche Snacks bei Nüchtern-Unwohlsein: Eine kleine Scheibe Karotte oder ein Stück trockenes Brot (sofern keine Allergie besteht) kann Säure binden.
Maßnahmen bei ZU WENIG Magensäure:
- Verdauungsanreger vor den Mahlzeiten:
- Bitterstoffe: Löwenzahnwurzel, Artischocke, Schafgarbe (als Pulver oder Tropfen). Sie stimulieren die natürliche Produktion von Verdauungssäften.
- Apfelessig (naturtrüb, ungefiltert): 1 TL auf einen Liter Trinkwasser. Vorsicht: Niemals pur geben! Er simuliert Säure und regt die Eigenproduktion an.
- Fermentiertes Gemüse (z.B. ein TL Sauerkrautsaft): Enthält natürliche Enzyme und Milchsäurebakterien.
- Futter anpassen: Bitterstoffreiches Gemüse einbauen, fermentierte Nahrungsmittel einbauen, stückiges Fleisch füttern.
Wann zum Tierarzt?
Selbsthilfe hat ihre Grenzen. Suche unbedingt einen Tierarzt oder Tierheilpraktiker auf, wenn:
- Die Symptome länger als 2-3 Tage anhalten oder sich verschlimmern.
- Dein Hund erbricht, apathisch wirkt oder Fieber hat.
- Du Gewichtsverlust bemerkst.
- Du unsicher in der Diagnose bist.
Bedenke dabei: Nur der Tierarzt kann schwerwiegende Ursachen durch bildgebende Verfahren ausschließen! Wie eine Magenschleimhautentzündung (Gastritis), ein Magengeschwür, eine Bauchspeicheldrüsenentzündung oder einen Fremdkörper im Verdauungstrakt.
Fazit
Schmatzen, Aufstoßen und Grasfressen sind wichtige Signale unseres Hundes. Indem wir lernen, sie zu deuten und zwischen den beiden Hauptproblemen – zu viel und zu wenig Magensäure – zu unterscheiden, können wir gezielt und hilfreich handeln. Der Weg zu einem beschwerdefreien Hund führt über eine artgerechte Fütterung, stressarme Routinen und ein waches Auge für die feinen Hinweise, die uns unser Vierbeiner gibt.
Wenn du unsicher bist, ob deine Fütterung so passt, ist eine Ernährungsberatung bzw. ein Fütterungscheck sinnvoll.